Verteidigung
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AG Köln: Kein Aussageverweigerungsrecht trotz Verfolgungsgefahr im Ausland
AG Köln, Beschluss vom 8.11.2012 – 505 Gs 2003/12 (§§ 55, 70 StPO)
Die europäische Staatsanwaltschaft wird kommen
Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einrichtung einer supranationalen Verfolgungsbehörde auf europäischer Ebene
Es gibt Neuigkeiten aus Europa, die mal wieder auch den Bereich des Strafrechts betreffen. Denn zwischenzeitlich hat die Europäische Kommission einen sog. „Verordnungsvorschlag zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft“ vorgelegt. Darüber hinaus hat man sich auf europäischer Ebene Gedanken zur Verbesserung des sog. „OLAF-Governments“ gemacht und zwischenzeitlich auch einen Eurojust-Reformvorschlag vorgelegt.
BGH zum Vorliegen eines Vermögensschadens i.S.d. § 263 StGB
Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft führt nicht automatisch zu einem betrugsrelevanten Vermögensschaden
§ 263 StGB: BGH Urteil vom 27.06 2012 – 2 StR 79/12
Nicht allein ausschlaggebend für einen Betrugsvorwurf ist es, dass die gelieferte Ware von geringerem Wert ist als die vertraglich vereinbarte. Wird bei einem Kaufvertragsabschluss über Umstände getäuscht, die den Verkehrswert der Sache maßgeblich mitbestimmen, kann ein betrugsrelevanter Schaden des Käufers nur dann angenommen werden, wenn die Sache objektiv nicht den vereinbarten Preis wert ist. Selbst wenn der Verkäufer darüber getäuscht hat, die Kaufsache besitze eine zugesicherte Eigenschaft, führt dies nicht zwangsläufig zu einer Schädigung des Käufers. Vielmehr ist zu bewerten, ob die Sache trotz Fehlens der zugesicherten Eigenschaft den vereinbarten Preis immer noch wert ist.
Bande auch zwischen Bestechendem und Bestochenem möglich
BGH: Zusammenschluss von bestechlichen Amtsträgern und Vorteilsgebern als „Bande“ (besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit und Bestechung, § 335 Abs. 2 Nr. 3 StGB)
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 – 1 StR 522/12
Die Entscheidung
Der BGH hat in einem Beschluss von Anfang Dezember 2012 klargestellt, dass unter gewissen Voraussetzungen eine „Bande“ auch beim Zusammenschluss von bestechlichen Amtsträgern und Vorteilsgebern vorliegen kann. Das ist insofern bedeutsam, als dass dann u.U. ein besonders schwerer Fall einer Bestechung oder Bestechlichkeit angenommen werden kann (vgl. § 335 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. 332, 334 StGB). Eine erhebliche Strafschärfung ist dann die Folge. Im Prinzip ist nach diesem Beschluss die Annahme eine Bande zwischen Bestochenem und Bestechendem auch bei einer Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr denkbar (§§ 299, 300 StGB).
Keine Strafbarkeit von Kassenärzten wegen Bestechlichkeit
§ 332 und § 299 StGB: Großer Senat für Strafsachen entscheidet: Keine Strafbarkeit des Kassenarztes bei Verordnung von Arzneimitteln (GSSt 2/11)
Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat am 29.03.2012 entschieden, dass Kassenärzte, die von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen, sich nicht wegen Bestechlichkeit nach § 332 StGB strafbar machen.
Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes bei Verstoß gegen die persönliche Leistungserbringungspflicht
§ 263 StGB: BGH äußert sich grundlegend zum Abrechnungsbetrug
Der 1. Strafsenat hat mit Beschluss vom 25. Januar 2012 (1 StR 45/11) eine 49 Seiten umfassende - wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zur Veröffentlichung vorgesehene - Entscheidung vorgelegt, die sich grundlegend mit dem Gebot der persönlichen Leistungserbringungspflicht, der Delegationsfähigkeit von Leistungen und der im Vertragsarztrecht entwickelten „streng formalen Betrachtungsweise“ befasst.
Pharmamarketing - Weitere Vorlage an Großen Senat für Strafsachen
Sind Vertragsärzte auch Amtsträger?
Am 21.7.2011 hat der 5. (Leipziger) Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen ebenfalls die Frage vorgelegt, ob Vertragsärzte (Kassenärzte) Amtsträger oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs sind, da die Frage grundsätzliche Bedeutung hat und ihre Klärung zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist (5 StR 115/11). Die Vorlage nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf den inhaltsgleichen Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats vom 5. Mai 2011 (3 StR 458/10).
Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen
Bestechlichkeit von Vertragsärzten gemäß § 299 StGB?
Der dritte Strafsenat des BGH hat am 5. Mai 2011 (AZ: 3 StR 458/10) die mit Spannung erwartete Entscheidung der Frage, ob sich ein niedergelassener Vertragsarzt der Bestechlichkeit strafbar machen kann, dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt. Der Große Strafsenat ist für die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen zuständig, wenn dies zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.
Akteneinsicht der Kassenärztlichen Vereinigung in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft
§ 474 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 StPO
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat kürzlich mit einer Entscheidung vom 25. März 2011 (L 7 KA 13/11 B ER) eine Beschwerde der Kassenärztlichen Vereinigung verworfen, da ein Honorarrückforderungsbescheid zu unkonkret sei. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies ausdrücklich darauf hin, dass die Kassenärztliche Vereinigung ein Akteneinsichtsrecht in die von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsakten gegen den Arzt wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges gemäß § 474 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 StPO habe. Das Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakten habe die Kassenärztliche Vereinigung, da dieses zur Feststellung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit einer Straftat erforderlich sei. Zumindest habe die KV einen Anspruch auf Auskünfte aus den Akten der Staatsanwaltschaft.