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Geschäftsmäßige Suizidbeihilfe vor Gericht
Bundesverfassungsgericht verhandelt über § 217 StGB
Karlsruhe verhandelt das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe und damit ein existenzielles Thema. Mehr als nur eine Strafnorm steht zur Debatte.
Es könnte der Grundtenor auch für jedes Strafverfahren sein, in dem höchstpersönliche Rechtsgüter von Patienten wie Gesundheit, Leben und Selbstbestimmung in Rede stehen: Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Voßkuhle suchte die Erwartungen gleich an den ersten von zwei Verhandlungstagen zu dämpfen, indem er sagte, es gehe bei dem Verfahren betreffend die Strafnorm der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung einzig um deren Verfassungsmäßigkeit – nicht um eine moralische oder politische Beurteilung des Suizids. Ähnlich schwierig aber, wie es ist, etwa ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren frei von Irrationalitäten und Bauchgefühlen zu halten, wird es auch sein, das bundesverfassungsgerichtliche Verfahren auf die rechtliche Subsumtion zu fokussieren.
Bierkartell: Widerstand auch mit strafrechtlichen Mitteln lohnt sich
Zwischenerfolg für Carlsberg: Verfahrenseinstellung wegen absoluter Verjährung
Anfang April hat das Oberlandesgericht Düsseldorf eine vom Bundeskartellamt gegen die Carlsberg-Brauerei verhängte Geldbuße aufgehoben. Die Bierhersteller hatten gegen den Bescheid, der eine Verpflichtung zur Zahlung von 62 Millionen Euro vorsah, Einspruch eingelegt. Zwischenzeitlich stand auch eine Geldbuße von 250 Millionen Euro im Raum. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf hat allerdings gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes bereits Rechtmittel eingelegt.
Das Bundeskartellamt hatte Ende 2013/Anfang 2014 gegen insgesamt elf Brauereien und mehrere Manager wegen verbotener Preisabsprachen Geldbußen von insgesamt 338 Millionen Euro verhängt. Die Bonner Behörde warf den Bierherstellern Absprachen über Preiserhöhungen für Fassbier und für Flaschenbier vor.
Rückwirkende Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts möglicherweise verfassungswidrig
Der Bundesgerichtshof (BGH) hält Übergangsvorschriften zum neuen strafrechtlichen Vermögensabschöpfungsrecht in einem Teilbereich für verfassungswidrig und hat dementsprechend dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Art. 316h Satz 1 EGStGB zur Prüfung vorgelegt.
Der Fall
Gegenstand des BGH-Beschlusses ist ein Verfahren vor dem Landgericht Oldenburg gegen zwei Angeklagte wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz. Nebenbeteiligte des Verfahrens waren zwei von den Angeklagten geleitete Unternehmen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts beschäftigte eines der nebenbeteiligten Unternehmen auf Vermittlung des anderen im Tatzeitraum vom 25. Februar 2008 bis zum 31. Juli 2010 insgesamt 933 bulgarische Arbeiter, die mehr als 830.000 Arbeitsstunden leisteten. Die dafür erforderlichen Genehmigungen der Bundesagentur für Arbeit waren nicht beantragt und die Beschäftigungsverhältnisse durch die Angeklagten mittels Scheinwerkverträgen verschleiert worden.
Mehr Befugnisse für Zollbehörden bei der Schwarzarbeitsbekämpfung
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls soll künftig mehr Befugnisse zur Aufdeckung von Schwarzarbeit und Sozialleistungsmissbrauch bekommen. Am 20. Februar hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch beschlossen.
Die geplante Neuregelung will an das Gesetz zur Stärkung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung von 2017 anknüpfen und nimmt insbesondere die „Verzahnung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit mit der Gewährung von Sozialleistungen“ und die „missbräuchlichen Inanspruchnahme von Kindergeld“ in den Fokus. Angesprochen sind damit in erster Linie Fälle des Sozialleistungsbetrugs. Die geplante Reform wird aber voraussichtlich auch Auswirkungen auf die Verfolgungspraxis beim Verdacht von Beitragsvorenthaltung nach § 266a StGB und Steuerhinterziehung haben.
ARTEMIS-Strafverfahren endgültig beendet
Auch Bordell Compliance führt zur vollständigen Entlastung der Beschuldigten
Das Ermittlungsverfahren gegen die Betreiber der Artemis GmbH wurde im Frühjahr 2016 mit viel Lärm eingeleitet, als ein massives Aufgebot von Beamten verschiedener Behörden den FKK-Club in Berlin-Halensee durchsuchte. Fast drei Jahre später endet das Verfahren still und leise mit der Rücknahme der sofortigen Beschwerde durch die Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnung des Verfahrens. Die Betreiber und Mitarbeiter des ARTEMIS sind damit von allen strafrechtlichen Vorwürfen endgültig entlastet.
Bereits im November 2018 lehnte das Landgericht Berlin die Eröffnung des Hauptverfahrens bezüglich aller Angeschuldigten ab. Auf mehr als 170 Seiten begründete das Landgericht, dass den Betreiber in der Art und Weise der Geschäftsführung strafrechtlich kein Vorwurf zu machen ist.
Cybercrime im Gesundheitswesen
Malware, Ransomware und der Handel um Patientendaten
Während Wörter wir Industriespionage, das Hacken von Social-Media-Profilen und Phishing noch halbwegs bekannt sind, sind die aus dieser Kenntnis gezogenen Lehren oft nur marginal. Der Satz „Warum sollte ausgerechnet mir das passieren?“ wird zur Grundlage guter Hoffnungen gemacht – privat wie beruflich.
ARTEMIS-Verfahren: Landgericht lehnt Eröffnung des Hauptverfahrens ab
Tragende Gründe: Selbständigkeit der Prostituierten und Bordell-Compliance
Nach mehr als zweieinhalb Jahren Ermittlungen und monatelanger Untersuchungshaft hat die zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Berlin die Anklage gegen die Betreiber der ARTEMIS GmbH zurückgewiesen. Damit sind die Verantwortlichen des FKK-Clubs in Berlin-Halensee, die im April 2016 eine groß angelegte Razzia über sich ergehen lassen mussten, weiter entlastet.
Neue Verteidigungsmöglichkeiten beim Vorwurf des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB)
Bundesgerichtshof kündigt Änderung seiner Rechtsprechung zum Vorsatz an (BGH, Urt. v. 24.01.2018 – 1 StR 331/17)
Eine vom Bundesgerichtshof in Aussicht gestellte Rechtsprechungsänderung bringt neue Verteidigungsmöglichkeiten gegen den Vorwurf des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen. Deutlich höhere Erfolgsaussichten dürfte in Zukunft die Verteidigung in Fällen haben, in denen die häufig hochkomplexe Unterscheidung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern keineswegs eindeutig ist und der Beschuldigte nachvollziehbar darauf vertraute, dass alles seine Ordnung habe.
Schlichtungsstellen der BÄK: rund 2.200 Behandlungsfehler 2017
Keine Aussage über Strafverfahren gegen Ärzte
Die Schlichtungsstellen und Gutachter der Bundesärztekammer (BÄK) vermelden für das Jahr 2017 2.213 Behandlungsfehler. In 1.783 Fällen führten die Fehler zu Gesundheitsschäden, davon in 62 Fällen zum Tod des Patienten. Ist auch jeder Einzelfall ein Fall zu viel, ist die Statistik im Ganzen gleichwohl nicht dramatisch angesichts von 19,5 Millionen Krankenhausbehandlungen und rund einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten in Arztpraxen jährlich insgesamt. Über die Gefahr, als Arzt oder Pfleger zum Beschuldigten eines Strafverfahrens zu werden, sagt die Statistik indes wenig bis nichts.