Unternehmen oder Organisationen, die selbst Opfer von Straftaten wurden, haben oft enttäuschende Erfahrungen gemacht: Der Einfluss auf die Ermittlungsbehörden ist gering, mindestens schwer kalkulierbar. Verfahrenseinstellungen oder bescheidene Sanktionen erwecken gelegentlich Bedauern, so viel aufwändige Zuarbeit geleistet zu haben. Strafverfahren dauern sehr lange; das schafft Probleme wegen der zivilrechtlichen Verjährung. Informationen aus dem Strafverfahren sind oft unvollständig, es besteht kein angemessener Zugang zu Beweismitteln.

Die Konsequenz: Unternehmen nehmen das Strafrecht nicht als Mittel der effektiven Rechtsverfolgung war. Es wird allein auf die zivilrechtliche Rechtsverfolgung gesetzt. Akteneinsicht wird nur als Mittel der Informationserlangung für die zivilrechtliche Rechtsverfolgung verstanden und genutzt.

Grundlegende Unterschiede in den Verfahrensordnungen

Man muss die Unterschiede der Verfahrensordnungen sehen, um Handlungsoptionen zu entwickeln:

Im Zivilprozessrecht gilt der Beibringungsgrundsatz. Demgegenüber gilt im Strafverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Im Zivilrecht gelten spezifische zivilprozessuale Beweislastregeln. Demgegenüber geht es im Strafverfahren um die (natürlich gebundene) richterliche Überzeugung.

Drei Optionen – Überblick

Wir sehen im Wesentlichen drei Optionen, wie die Interessen des geschädigten Unternehmens im Strafverfahren gegen den beschuldigten Täter bestmöglich gefördert werden können:

  • Nutzbarmachung des Strafverfahrens als „Verhandlungsmasse“
  • Adhäsionsverfahren
  • Opferentschädigung mit Beschlagnahme und Arrest im Strafverfahren

Nutzbarmachung des Strafverfahrens als „Verhandlungsmasse“; Wohlwollen gegen Regulierungsbereitschaft

Intensive und präsente Vertretung des geschädigten Unternehmens im Strafverfahren wirkt als Bedrohung für den Beschuldigten. Er muss sich sorgen, die Präsenz des anwaltlich vertretenen geschädigten Unternehmens im Strafverfahren werde verhindern, dass er Ausflüchte findet oder mit einer geringen Sanktion davonkommt. Der Beschuldigte muss dort, wo eine Freispruch-Verteidigung aussichtslos ist, ein Interesse daran haben, die Geschädigtenvertretung milde zu stimmen, sie im besten Falle ganz aus dem Verfahren herauszubringen.

Die Strafprozessordnung honoriert die Schadenswiedergutmachung, mindestens das ernst zu nehmende Bestreben der Schadenswiedergutmachung, in vielfacher Hinsicht. Zu nennen sind:

  • Einstellung gegen Auflage der Schadenswiedergutmachung (§ 153 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO)
  • Strafzumessungsgrund Schadenswiedergutmachung (§ 46 Abs. 2 StGB)
  • Täter-Opfer-Ausgleich (§ 46 a StGB)
  • Bewährungsauflage Schadenswiedergutmachung (§ 56b Abs. 2 Nr. 1 StGB)

Wohlwollen gegen Regulierungsbereitschaft

Effektive Vertretung im Strafverfahren bedeutet also mehr als Akteneinsicht. Sie bedeutet die umfassende Vertretung des geschädigten Unternehmens im Strafverfahren mit dem Ziel, eigene Anträge (auf Beweiserhebungen oder vorläufige strafprozessuale Maßnahmen) zu stellen, gegebenenfalls die Zulassung als Nebenkläger zu beantragen oder jedenfalls einen Adhäsionsantrag anzukündigen.

So wird einmal Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt. Zum anderen wird ein Risiko für den beschuldigten Täter geschaffen, dem er begegnen kann, wenn er aktiv zur Schadenswiedergutmachung bereit ist. Im Ergebnis können so bereits im Ermittlungsverfahren eine Vereinbarung über eine Titulierung von Ersatzansprüchen und in einzelnen Fällen sogar der Beginn von Ersatzleistungen erreicht werden.

Das Adhäsionsverfahren

Schadensersatz und sonstige aus einer Straftat erwachsene vermögensrechtliche Ansprüche können im Strafverfahren geltend gemacht werden, wenn sie noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig sind, § 403 StPO. Der Adhäsionsantrag hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung einer Klage im bürgerlichen Rechtsstreit, insbesondere wirkt sie verjährungshemmend (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Es gelten die Prozessregeln des Strafprozesses, also der Amtsermittlungsgrundsatz des § 244 Abs. 2 StPO und nicht der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz.

Eine Klageabweisung ist nicht zulässig. Das Gericht kann dem Adhäsionsantrag nur entweder ganz oder teilweise stattgeben oder von einer Entscheidung ganz oder teilweise absehen. In diesem Fall steht dann der Zivilrechtsweg offen.

Die Vorteile des Adhäsionsverfahrens lassen sich demnach wie folgt zusammenfassen: Es handelt sich um eine Möglichkeit der aktiven Geltendmachung der aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Ansprüche im Strafverfahren und nach den Regeln des Strafverfahrens unter direkter Nutzung der von Staatsanwaltschaft oder Gericht beigebrachten Beweise. Ein Gerichtskostenvorschuss muss nicht geleistet werden. So kann zügig und kostengünstig ein Titel erlangt werden. Es besteht nicht das Risiko einer negativen Rechtskraftwirkung. Vor allen Dingen: Es tritt eine frühzeitige Hemmung der Verjährung ein.

Opferentschädigung und Arrest

Unter bestimmten Voraussetzungen werden in Strafverfahren Vermögenswerte beschlagnahmt. Wenn das geschehen ist, muss das geschädigte Unternehmen versuchen, Befriedigung daraus zu erlangen. Eine effektive anwaltliche Unternehmensvertretung im Strafverfahren kann auch auf entsprechende strafprozessuale Maßnahmen hinwirken.

Spezifische Anforderungen an die anwaltliche Dienstleistung

Aufgabe der effektiven anwaltlichen Geschädigtenvertretung im Strafverfahren ist auch die Erwirkung strafprozessualer Maßnahmen der Opferentschädigung durch Beschlagnahme und Arrest. Dazu ist eine frühzeitige Positionierung im Ermittlungsverfahren mit Ermittlungsanregungen und Anträgen und enger Kommunikation mit Staatsanwaltschaft und ermittelnden Polizeibehörden erforderlich.

 

Ansprechpartner

Dr. Rainer Frank