Verteidigung
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Neuer Zeitplan für das Wettbewerbsregister
Chancen für die Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen
Im Juli 2017 wurden durch das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) die Grundlagen für die Einführung eines bundeseinheitlichen Wettbewerbsregisters geschaffen. Das Gesetz sah ursprünglich vor, dass das neue Register seinen Betrieb in dem Zeitpunkt aufnehmen sollte, in dem die Bundesregierung dies durch Rechtsverordnung anordnet. Wann das geschehen würde, war allerdings unklar, eine Ankündigung der Verordnung sah das Gesetz nicht vor und so mussten Unternehmen zuletzt damit rechnen, dass das Register jederzeit „scharf gestellt“ wird.
Nachdem sich allerdings gezeigt hat, dass die Umsetzung der im WRegG vorgesehenen Melde- und Auskunftspflichten das Bundeskartellamt als registerführende Behörde vor erhebliche technische und organisatorische Herausforderungen stellt, soll die Einführung des Wettbewerbsregisters nun gestaffelt und zeitlich gestreckt erfolgen. Unternehmen und Leitungspersonen, die sich einem Straf- oder Bußgeldverfahren ausgesetzt sehen, das zu einer Eintragung in das Wettbewerbsregister führen kann, müssen diesen neuen Zeitplan kennen, weil er unmittelbare Auswirkungen auf die Verteidigung haben kann.
Psychologie im Strafverfahren
Ankereffekt, Rückschaufehler & Co.
Wer Recht hat, kann trotzdem Unrecht bekommen. Und andersherum. Heißt: Es zählt nicht nur das Argument – wichtig ist auch, wie (und sogar ob) es vorgetragen wird. Strafverteidigung sollte sich deshalb nicht auf die bloße Rechtsanwendung beschränken, auch wenn Kenntnisse im materiellen und im Verfahrensrecht unabdingbar sind. Seine Chancen auf Recht-Bekommen kann steigern, wer zudem die Erkenntnisse aus der Psychologie für sich nutzt.
Verschärfung der Haftung von Arbeitgebern für Sozialversicherungsbeiträge
Auf die vom BGH 2018 angekündigte Änderung seiner Rechtsprechung zu § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) hat der Gesetzgeber mit der Einführung eines neuen Bußgeldtatbestands in § 8 Abs. 3 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) reagiert. Dieser Bußgeldtatbestand wird insbesondere in den juristisch nicht abschließend geklärten Bereichen der abhängigen Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV von Bedeutung sein.
Strafbarkeit bei verwaltungsakzessorischen Tatbeständen auch bei materieller Genehmigungspflicht
Der BGH hat eine folgenreiche Entscheidung getroffen: Wo ein Handeln ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe gestellt wird, ist der formale Mangel der Erlaubnis maßgebend, materielle Genehmigungsfähigkeit und sogar Genehmigungspflicht nützen nicht. Dramatische Auswirkungen über die Vermögensabschöpfung sind zu erwarten.
BMJV veröffentlicht Referentenentwurf eines Verbandssanktionengesetzes
Anwendungsbereich auf Wirtschaftsunternehmen beschränkt und keine Zwangsauflösung
Nachdem bereits im August 2019 eine Entwurfsfassung öffentlich geworden war, hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) nunmehr am 21. April 2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft vorgelegt. Kern des Gesetzesvorhabens ist das neue Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (VerSanG). Mit diesem soll die Sanktionierung von Wirtschaftsunternehmen auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden. Der Entwurf sieht u.a. einen Ermittlungszwang der Verfolgungsbehörden, einen erhöhten Sanktionsrahmen von bis zu 10 % des durchschnittlichen jährlichen (Konzern-)Umsatzes sowie Regelungen zur Bedeutung von Compliance-Maßnahmen und zum Umgang mit Internal Investigation im Zusammenhang mit Sanktionsverfahren gegen Verbände vor.
Corona – Strafrechtliche Risiken bei der Beantragung der Soforthilfe für Selbstständige und kleine Unternehmen
Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise für Soloselbstständige, kleine Unternehmen und Freiberufler haben sich das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesjustizministerium mit den Bundesländern auf ein Paket über Soforthilfen in Höhe von bis zu 50 Mrd. EUR geeinigt. Auf Grund der enormen Nachfrage darf davon ausgegangen werden, dass eine Erhöhung zumindest in Betracht gezogen werden wird.
Corona und Arztstrafrecht
Zwischen Schweige- und Meldepflicht, Triage und Organisationsverschulden
Neue Fragen kommen auf Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu. Wie verhalten sich die psychotherapeutische Schweigepflicht und die Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), wenn ein Patient Symptome auf Corona zeigt? Darf sich ein Arzt Masken und Schutzkleidung von einem Vertragspartner schenken lassen? Wie ist zu entscheiden, wenn Beatmungsgeräte nicht reichen? Was gilt strafrechtlich für Ärztinnen, die schon im Ruhestand waren und nun zurück in die Praxis gehen? Welche organisatorischen Maßnahmen müssen Kliniken ergreifen mit Blick auf meldepflichtige Sachverhalte? Auf solche Fragen gibt es alte Antworten und neue, pauschale und solche für den Einzelfall. Ganz leicht ist keine von ihnen.
Strafrechtliche Risiken durch Beantragung von Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise
Die Coronavirus-Pandemie stellt Unternehmen und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen. Viele Unternehmen können Kündigungen ihrer Arbeitnehmer nur vermeiden, indem sie für diese Kurzarbeitergeld beantragen und somit staatliche Leistungen in Anspruch nehmen.
Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert und im Eilverfahren einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Das „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ ist am 14. März 2020 in Kraft getreten und soll den Zugang der Unternehmen zum Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März 2020 erleichtern.
Corona-Krise – Risiken der Aussetzung der Insolvenzpflicht
Zur Milderung der Folgen der Corona-Krise hat der Gesetzgeber die strafbewehrte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages wegen Zahlungsunfähigkeit gemäß § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB zunächst bis zum 30. September 2020 eingeschränkt. Darüber hinaus besteht per Verordnungsermächtigung für das Bundesjustizministerium die Möglichkeit, diese Maßnahme bis höchstens zum 31. März 2021 zu verlängern.
Aus wirtschaftsstrafrechtlicher Sicht resultieren daraus erhebliche Risiken für Verantwortliche in Unternehmen, weil der falsche Eindruck entstehen könnte, das Handeln in der Corona-Krise sei insgesamt von strafrechtlichen Risiken befreit. Das Gegenteil ist der Fall.