Geld- und Freiheitsstrafen können nur gegen strafmündige Menschen verhängt werden, nicht aber gegen das Unternehmen selbst. Das scheint unbefriedigend, wenn ein Unternehmen wirtschaftliche Vorteile aus der Straftat eines Mitarbeiters erlangt hat oder sonst die Ursache für die Straftat des Mitarbeiters in organisatorischen Mängeln in dem Unternehmen begründet ist. Bereits in den vergangenen Jahren bis jetzt sind die Strafverfolgungsbehörden – und zwar mit deutlicher Steigerung in den letzten Jahren – bemüht (gewesen), auf verschiedene Art und Weise gegen Unternehmen vorzugehen, wenn es zu Rechtsverstößen in dem Unternehmen und dort insbesondere durch seine Führungskräfte gekommen ist. Siemens, MAN und neuerdings mehrere Automobilhersteller wie VW, Audi und Porsche sind prominente Beispiele aus den letzten Jahren. Nunmehr plant auch das Justizministerium, ein Unternehmensanktionsrecht in einem eigenständigen Gesetz zu normieren, das neben das Strafgesetzbuch (StGB) und das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) treten soll.

Geldbuße gegen Unternehmen

Bereits jetzt kann gemäß § 30 OWiG eine Geldbuße gegen das Unternehmen als juristische Person festgesetzt werden, wenn eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit von Vertretern oder Führungskräften mit Leitungsverantwortung begangen wird. Der Rahmen reicht hier bis zu zehn Million Euro. Dieser Bußgeldrahmen soll ausgeweitet werden, umsatzbezogen sein und bis zu 10 % des Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens betragen können.

Die neuen Verbandsgeldsanktionen sollen den beibehaltenen Höchstwert von maximal zehn Millionen Euro für umsatzstarke Unternehmen erweitern auf bis zu 10 % ihres durchschnittlichen konzernweiten Jahresumsatzes (§ 9 Abs. 1 VerSanG-RefE). Hinzukommen als mildere Sanktion eine Verwarnung mit komplettem oder partiellem Verbandsgeldsanktionsvorbehalt (§§ 10 f. VerSanG-RefE), ggf. gegen Auflagen und/oder Weisungen (§§ 12 bzw. 13 VerSanG-RefE), sowie als schärfstes Schwert die Verbandsauflösung (§ 14 VerSanG-RefE). Neben die Verhängung einer Verbandssanktion kann eine öffentliche Bekanntmachung, etwa im Internet, treten (§ 15 VerSanG-RefE).

Verletzung der Aufsichtspflicht als Haftungsgrundlage

Oft werden dem Inhaber eines Betriebes oder Vertretern und Führungskräften von Unternehmen (§ 9 OWiG) die Verletzung betrieblicher Aufsichtspflichten vorgeworfen. Dies ist eine zu ahndende Ordnungswidrigkeit, wenn eine ordnungsgemäße Aufsicht die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit innerhalb des Unternehmens (lediglich) erschwert hätte. § 130 OWiG (Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen) wird von der Behörde häufig als Einfallstor verwendet, wenn sich der Nachweis individueller Verantwortung des unmittelbaren Täters als schwierig erweist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Betriebsinhaber und Vorgesetzte verpflichtet, betriebsbezogene Straftaten in ihrem Verantwortungsbereich zu verhindern.

Auch nach der Einführung des Verbandssanktionengesetzes werden die Voraussetzungen für die Verhängung einer Unternehmenssanktion weiterhin der Systematik der §§ 30, 130 OWiG entsprechen. Nach § 3 VerSanG-RefE wird gegen einen Verband eine Verbandssanktion verhängt, wenn jemand entweder als Leitungsperson dieses Verbands eine Verbandsstraftat begangen hat oder sonst in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbands eine Verbandsstraftat begangen worden ist, die durch angemessene Vorkehrungen wie insbesondere Organisation, Auswahl, Anleitung und Aufsicht hätte von Leitungspersonen verhindert oder wesentlich erschwert werden können.

Abschöpfung von Gewinnen im Wege des Verfalls oder der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils

Das Recht der Vermögensabschöpfung, das Gerichte und Staatsanwaltschaften heute in stärkerem Maße als früher verpflichtet, Maßnahmen zur Vermögenseinziehung anzuordnen, wird auch und gerade in Verfahren gegen Unternehmen eine erhebliche Rolle spielen. Die Idee dahinter: Der aus der Tat gezogene Vorteil soll dem Unternehmen nicht verbleiben. Neben eine Geldbuße können mithin weitere Zahlungsverpflichtungen treten, die die Existenz des Unternehmens gefährden.

Verteidigung von Unternehmen und Führungskräften im ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahren

FS-PP Berlin Part mbB agieren in zweierlei Hinsicht: dann, wenn bereits ein Verfahren gegen ein Unternehmen eingeleitet ist oder unmittelbar droht, aber auch präventiv. Mehr noch als bisher wird ein funktionierendes Compliance Management System Sanktionen zu verhindern oder abzumildern helfen – wenn nicht die Tat, die Anlass wäre für ein Verfahren gegen das Unternehmen, selbst im Vorfeld verhindert wird. Ist ein Verfahren gegen das Unternehmen bereits eingeleitet, organisieren FS-PP Berlin Part mbB die Verteidigungsstrategie des Unternehmens und/oder stimmen sich mit anderen Strafverteidigern eng ab. In der direkten Kommunikation mit den Behörden lassen sich regelhaft Wege finden, gravierende Rechts- und Nebenfolgen einzudämmen – und dadurch materielle sowie Imageschäden von dem Unternehmen abzuwenden.

Fakt ist: Die Leitungs-, Koordinations-, Organisations- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu einer Verbandssanktion führen kann, können ausweislich der Entwurfsbegründung „insbesondere durch Compliance-Maßnahmen erfüllt werden“; ferner können Compliance-Maßnahmen bei der Auswahl der Art und der Höhe einer Sanktion Berücksichtigung finden. Diese Chancen gilt es zu nutzen.

 

Ansprechpartner

Dr. Rainer Frank