Neuer Zeitplan für das Wettbewerbsregister
Chancen für die Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen
Im Juli 2017 wurden durch das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) die Grundlagen für die Einführung eines bundeseinheitlichen Wettbewerbsregisters geschaffen. Das Gesetz sah ursprünglich vor, dass das neue Register seinen Betrieb in dem Zeitpunkt aufnehmen sollte, in dem die Bundesregierung dies durch Rechtsverordnung anordnet. Wann das geschehen würde, war allerdings unklar, eine Ankündigung der Verordnung sah das Gesetz nicht vor und so mussten Unternehmen zuletzt damit rechnen, dass das Register jederzeit „scharf gestellt“ wird.
Nachdem sich allerdings gezeigt hat, dass die Umsetzung der im WRegG vorgesehenen Melde- und Auskunftspflichten das Bundeskartellamt als registerführende Behörde vor erhebliche technische und organisatorische Herausforderungen stellt, soll die Einführung des Wettbewerbsregisters nun gestaffelt und zeitlich gestreckt erfolgen. Unternehmen und Leitungspersonen, die sich einem Straf- oder Bußgeldverfahren ausgesetzt sehen, das zu einer Eintragung in das Wettbewerbsregister führen kann, müssen diesen neuen Zeitplan kennen, weil er unmittelbare Auswirkungen auf die Verteidigung haben kann.
Bedeutung und Inhalt des Wettbewerbsregisters
Das Wettbewerbsregister soll als Informationsplattform für öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber in Vergabeverfahren dienen und diesen die Prüfung erleichtern, ob zwingende oder fakultative Ausschlussgründe i.S.d. §§ 123, 124 GWB in Bezug auf einen Bieter vorliegen. In das Wettbewerbsregister eingetragen werden
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rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle wegen bestimmter Straftaten, etwa Korruptionsdelikten, wettbewerbsbeschränkender Absprachen gem. § 298 StGB, Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen gem. § 266a StGB und Steuerhinterziehung,
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rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen und Strafbefehle sowie rechtskräftige Bußgeldentscheidungen, die wegen bestimmter anderer Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten (z.B. Verstößen gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Mindestlohngesetz) ergangen sind, sofern auf Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen erkannt oder eine Geldbuße von mindestens 2.500 Euro festgesetzt worden ist,
- Bußgeldentscheidungen wegen bestimmter wettbewerbsbezogener Delikte nach § 81 GWB, auch vor Rechtskraft der Entscheidung.
Registerrecht und Verteidigung
Wird gegen Unternehmen oder Leitungspersonen wegen des Verdachts einer derartigen Straftat oder Ordnungswidrigkeit ermittelt, hat die Verteidigung das Risiko und die zu erwartenden Folgen von Registereintragungen stets in den Blick zu nehmen. Das gilt in besonderem Maße für Unternehmen, die ausschließlich oder überwiegend für die öffentliche Hand tätig sind. So kann beispielsweise, je nach Fallgestaltung, einer Einstellung des Strafverfahrens unter Erteilung einer Geldauflage (§ 153a StPO) der Vorzug gegenüber einer streitigen Durchführung des Strafverfahrens zu geben sein, weil dadurch die Gefahr einer Eintragung in das Wettbewerbsregister ausgeschlossen wird und damit den Interessen des Unternehmens am besten gedient ist.
Diese Abwägung von Risiken und Chancen hat auch eine zeitliche Dimension. Voraussetzung für eine Eintragung ist im Regelfall, wie erwähnt, die Rechtskraft der straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidung. Den Zeitpunkt der Rechtskraft kann die Verteidigung nicht selten beeinflussen, indem sie beispielsweise auf eine zügige Verfahrensbearbeitung hinwirkt oder eine ergangene Entscheidung nicht angreift und so in Rechtskraft erwachsen lässt.
Je nach Fallgestaltung bietet es sich an, diese Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, um Eintragungen in das Wettbewerbsregistergesetz zu vermeiden. So kann es dem Interesse beschuldigter Unternehmen oder Leitungspersonen entsprechen, eine rechtskräftige Entscheidung (Verurteilung/ Strafbefehl/ Bußgeldbescheid) herbeizuführen, die vor dem Stichtag liegt, ab dem Eintragungen in das Wettbewerbsregister erfolgen.
Der Zeitplan für das Wettbewerbsregister
Hierzu ist es notwendig, den Zeitplan für das Wettbewerbsregister zu kennen. Anders als ursprünglich beabsichtigt, wird das Register nicht einheitlich mittels Rechtsverordnung in Betrieb genommen. Der kürzlich von der Bundesregierung veröffentlichte Entwurf eines GWB-Digitalisierungsgesetzes sieht stattdessen die folgende schrittweise Einführung des Wettbewerbsregisters vor:
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Eingeleitet wird der Prozess der Inbetriebnahme dadurch, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) feststellt, dass die Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung von Meldungen an und Auskünften aus dem Wettbewerbsregister erfüllt sind. Diese Feststellung wird im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Nach derzeitiger Planung des für die Einrichtung des Wettbewerbsregisters zuständigen Aufbaustabes beim Bundeskartellamt sollen die technischen Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung im 1. Quartal des Jahres 2021 gegeben sein. Bis dahin wird insbesondere die notwendige Registrierung der beteiligten Meldebehörden zu erfolgen haben.
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Einen Monat nach dieser Bekanntmachung werden Strafverfolgungs- und Bußgeldbehörden verpflichtet sein, eintragungsfähige Informationen an die Registerbehörde zu übermitteln. Ab diesem Zeitpunkt werden also rechtskräftige Entscheidungen an die Registerbehörde gemeldet. Zugleich erhalten öffentliche Auftraggeber das Recht, Registereintragungen abzufragen, ohne dazu verpflichtet zu sein. Der Tag, an dem diese Wirkungen eintreten, wird wiederum im Bundesanzeiger bekannt gemacht.
- Sechs Monate nach der Bekanntmachung nach Ziff. 1 sind öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber sodann dazu verpflichtet, in Vergabeverfahren ab einem bestimmten Auftragswert, Information zu Bietern aus dem Wettbewerbsregister einzuholen. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Unternehmen auch Selbstauskünfte beantragen.
Sobald die vorgenannten Schritte vollzogen sind, stellen die bestehenden Korruptionsregister der Bundesländer (z.B. Berlin, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hamburg) ihren Betrieb ein, ohne dass die darin vorhandenen Eintragungen in das bundeseinheitliche Wettbewerbsregister migriert werden.
Fazit
Gerade in Wirtschaftsstrafverfahren spielen drohende Registereintragungen eine große Rolle. Eine gute Verteidigung kennt die entsprechenden Risiken und weiß sie zum Wohle des betroffenen Unternehmens zu steuern. Fachkundiger Rechtsrat ist insbesondere in der anstehenden Übergangsphase zwischen den ländereigenen Korruptionsregistern und dem bundesweiten Wettbewerbsregister von entscheidender Bedeutung für einen interessengerechten Verfahrensausgang.