Werden in der Verwaltung oder der Politik Ämter neu besetzt, Stellen vergeben, wird Personal ausgetauscht, dann gibt es viele Fallstricke. In der Folge lauern Konkurrentenklagen, prüft der Landesrechnungshof – und werden Strafverfahren wegen Untreue eingeleitet. So viele Fallstricke man findet, so viele Verteidigungsargumente bieten sich aber auch. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit: die so genannte Thüringer Staatssekretärs-Affäre.

Was war geschehen (oder auch nicht)?

Im Februar 2022 monierte der Landesrechnungshof Thüringen, so die Medien, diverse Personalakten von Staatssekretärinnen und Staatssekretären der Landesregierung. Das Ergebnis: Die Einstellungspraxis sowohl bei den Staatssekretären als auch bei den persönlichen Mitarbeitern habe in weiten Teilen nicht den gesetzlichen Vorgaben und den Regelungen des Thüringer Beamtengesetzes entsprochen. Die Anerkennung von Laufbahnen der künftigen Spitzenbeamten: intransparent und fehlerhaft. Ferner hätten Qualifikationen nicht ausgereicht, um die jeweilige Laufbahnbefähigung zu erlangen. Ob in jedem Fall die fachliche Eignung für die Positionen bestand: zweifelhaft.

Welche Fallstricke gibt es bei der Besetzung?

Es muss nicht immer die Bundes- oder die Landespolitik sein – in jeder kommunalpolitischen Verwaltung gibt es zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Fachbereichsleiterstellen, Direktoren von städtischen Museen, Zuständige für dies und das. Es geht dort um Ausschreibungen – und um Stellen, die ohne Ausschreibung vergeben werden. Es geht dort um Tarifbestimmungen, Entgeltgruppen, Besoldungsstufen, Stufenaufstiege, die genau zu der Qualifikation und der Erfahrung des (potenziellen) Stelleninhabers und dem Stellenplan passen müssen – und es gibt atypische Fälle. Es gibt Verwaltungsstrukturreformen – und damit Personen, die ihr Amt verlieren, aber faktisch unkündbar sind und umgesetzt werden müssen auf neue Stellen. Es geht um Entscheidungen, die ganz oben getroffen werden müssen – und solche, die delegiert werden in die Fachbereiche. Und dann geht es nicht selten um den Vorwurf der Ämterpatronage – weil die beförderte Person einer bestimmten Partei zugehörig ist, ein langes Vertrauensverhältnis zu dem Entscheidungsträger pflegt, kurz vor Ende der Legislaturperiode befördert worden ist, die Qualifikation nicht zu dem Amt passt. Wenn Verfahren nicht eingehalten wurden, Konkurrenten sich beschweren, der Grundsatz der Bestenauslese verletzt ist, dann kommt schnell auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Vorwurf: Untreue. Denn: Untreue geht immer. Und je länger das vermeintlich falsche Gehalt gezahlt worden ist, desto größer ist der Schaden – und desto höher wird die potenzielle Straferwartung.

Was ist bei der Verteidigung zu beachten?

Wichtigster Punkt zuerst: Es braucht überhaupt eine Verteidigung, und zwar eine aktive. Ein Abwarten, ein Laufenlassen der Ermittlungen – das alles ist in solchen Fällen in der Regel keine seriöse Option. Das Argumentationspotenzial ist entsprechend groß: Ob Ermessen fehlgebraucht worden ist, tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt, tatsächlich eine gravierende Pflichtverletzung vorliegt, nicht vielleicht die Business Judgment Rule für den Entscheidungsträger streitet, die Entscheidung vielleicht delegiert war, die Entscheidung alternativlos war, eine Anreicherung der Stelle erfolgt ist, ein hypothetisches Einverständnis gegeben ist, unvorsätzlich gehandelt worden ist – das alles (und noch viel mehr) würde eine Verteidigung vortragen, wenn sie frühzeitig involviert und clever wär.

Letztlich hat eine Verteidigung auch im Blick zu behalten, was peripher mit dem Strafverfahren zusammenhängt: die Presse, die Öffentlichkeit, ein mögliches oder bereits geführtes Disziplinarverfahren. Denn: Bestimmte Straftaten können, selbst wenn nur ein Verdacht besteht, zu einem zeitweiligen Verlust des Amtes führen oder, schlimmer noch, zu einem „freiwilligen“ Rücktritt, einem Amtsenthebungsverfahren oder einer Entfernung aus dem Amt. Ein frühzeitige Verteidigung kann – und muss – auch darauf Rücksicht nehmen.

FS-PP Berlin verteidigt Abgeordnete sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, darunter diverse Bürgermeister und Oberbürgermeister. Letzter Erfolg von FS-PP Berlin: die Nichteröffnung des Hauptverfahrens gegen den Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) durch das dortige Landgericht in dem Verfahren um vermeintlich vorzeitige Impfungen.

 

Ansprechpartner
Dr. Sebastian T. Vogel