§ 299 StGB

Der Antrag hat folgenden Hintergrund:

Bislang war es in der Praxis des Arztstrafrechts umstritten, ob sich niedergelassene Vertragsärzte (früher: Kassenärzte) wegen Korruptionshandlungen gem. § 299 StGB strafbar machen können. Denn § 299 StGB ist seinem Wortlaut nach zunächst nur auf angestellte Ärzte anwendbar. Niedergelassene Vertragsärzte sind jedoch Freiberufler. Allerdings kann sich auch der Betriebsinhaber nach § 299 StGB strafbar machen, wenn er „für einen anderen Betrieb“, also als Beauftragter tätig ist. Nachdem sich das OLG Braunschweig in einem Beschluss vom 23.2.2010 (Ws 17/10) hierzu geäußert und niedergelassene Vertragsärzte als „Beauftragte“ der Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB eingeordnet hatte, gehen derzeit immer mehr Staatsanwaltschaften dazu über, gegen niedergelassene Vertragsärzte und Pharma-Mitarbeiter wegen des Verdachts der Korruption nach § 299 StGB zu ermitteln.

Derzeit ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Verden Ermittlungsverfahren gegen 50 Ärzte und einen Pharmagroßhändler wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem.  § 299 StGB eingeleitet hat. In Erfurt und Koblenz sollen Strafverfahren gegen Pharmareferenten geführt werden. Das AG Ulm hat im Oktober 2010 hingegen erstmals zwei Ärzte wegen Bestechlichkeit nach § 299 StGB verurteilt. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg hat am 9.12.2010 einen Arzt und eine Pharma-Referentin ebenfalls wegen Bestechlichkeit nach § 299 StGB zu Geldstrafen verurteilt (vgl. „Landgericht Hamburg verurteilt Arzt und Pharmareferentin“). Die weitere Entwicklung in der Praxis bleibt spannend.

Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei zur Verfolgung von Korruption im Gesundheitswesen“ zu errichten, da derzeit spezielle Verwaltungseinheiten nur in Bayern, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen vorhanden seien (vgl. “Ermittlungsbehörden und KV rüsten für Ermittlungsverfahren gegen Ärzte auf).

Spezieller Betrugstatbestand

Weiterhin beantragt die SPD Fraktion einen besonderen Betrugsstraftatbestand zu schaffen, der neben dem Vermögen auch sozialversicherungstypische Rechtsgüter schützt, und begründet dies ausdrücklich mit dem derzeit bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführten Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts (Abrechnungsbetrug) gegen Verantwortliche und Ärzte der DRK-Kliniken Berlin. Da § 263 StGB lediglich das Vermögen schütze, sei es notwendig, einen „auf sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte abzielenden“ Betrugstatbestand zu schaffen, der neben dem Vermögen auch sozialversicherungstypische Rechtsgüter schützt.

Aktuelles

Die SPD-Fraktion im Bundestag ist mit ihrem Antrag "Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen" gescheitert. Der Gesundheitsausschuss lehnte die Vorlage am 25.04.2012 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ab.

Quelle: BT-Drucks. 17/3685
Notiert von Auffermann 12/2010