Von den drei Säulen Vorbeugung, Aufdeckung und Reaktion (Prävention, Detektion und Sanktion), die sich in jedem Compliance-Modell wiederfinden, betreffen zwei Säulen den Umgang von Unternehmen oder Organisationen mit in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzungen oder mit dem Verdacht auf solche Rechtsverstöße. Wie werden Verdachtsfälle identifiziert? Wie erfolgt die Aufklärung von Verdachtsfällen?

Es besteht heute Einigkeit darüber, dass Compliance im Unternehmen oder in der Organisation nur bestehen kann, wenn Rechtsverstöße auch sanktioniert werden. Man kann nicht von einer Compliance-Kultur sprechen, wenn Rechts-oder Regelverstöße unter den Teppich gekehrt werden, nur weil Aufwand und Folgen einer Aufklärung gescheut werden. Maßnahmen zur Aufklärung von Verdachtsfällen werden im Umfeld wahrgenommen, wirken abschreckend auf potentielle Täter und stärken das Vertrauen der Führungskräfte und Mitarbeiter in die Leitung der eigenen Organisation.

Das Ordnungswidrigkeitenrecht und insbesondere das Verbandssanktionenrecht knüpfen positive Rechtsfolgen an fachgerecht durchgeführt interne Untersuchungen. Zu wissen, was das ist, ist ein Teil der Vorbereitung auf den Ernstfall.

Rechtspflicht zu Internal Investigations

Interne Aufklärung von Verdachtsfällen ist aber nicht nur eine Frage der Opportunität, sondern in vielen Fällen sogar Rechtspflicht. Immer dann, wenn aus einem vermuteten Rechtsverstoß entweder Risiken für die Zukunft resultieren (Fortsetzungsgefahr) oder aber aus dem Sachverhalt Ersatzansprüche gegen Täter und Beteiligte folgen können, besteht eine Rechtspflicht zur Aufklärung. Die Verletzung dieser Rechtspflicht kann ihrerseits einen Rechtsverstoß darstellen.

Insbesondere erstrecken sich die Aufsichtspflichten von Aufsichtsorganen (beispielhaft die Regelungen des Deutschen Corporate Governance Kodex über die Verpflichtungen des Aufsichtsrats börsennotierter Aktiengesellschaften) auf die Gewährleistung von Compliance im Unternehmen oder in der Organisation durch das beaufsichtigte Führungsorgan (Vorstand der börsennotierten Aktiengesellschaft, entsprechend anzuwenden auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH). Würde ein Aufsichtsrat durchgehen lassen, dass ein Vorstand trotz Kenntnis von Verdachtsfällen keine Schritte zur Aufklärung unternimmt, würde sich der Aufsichtsrat selbst in ein Haftungsrisiko begeben.

Strafanzeige keine Alternative

Zu internen Ermittlungen zur Aufklärung von Verdachtsfällen besteht in den meisten Fällen keine Alternative. Das gilt insbesondere für die Erstattung einer Strafanzeige, die allerdings ein Mittel sein kann, um eindeutig Flagge zu zeigen, wie mit Verdachtsfällen umgegangen wird. Die Erstattung einer Strafanzeige kann auch notwendig sein, wenn interne Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Da aber ohnehin die Ermittlungsbehörden auf interne Informationen angewiesen sind, entspricht es auch dem Wunsch der Unternehmen und Organisationen, den Prozess der Aufklärung steuern zu können und die Dinge nicht zu früh und nicht vollständig in fremde Hand zu geben.

Standards interner Untersuchungen

Interne Untersuchungen von Verdachtsfällen erfordern eine sorgfältige Projektplanung (welche Untersuchungshandlungen sollen in welcher Reihenfolge erfolgen), die kriminalistische und kriminaltaktische Erfahrung voraussetzt. Diese gehört nicht zum Handwerkszeug der internen Revisionen, darf aber bei Fachanwälten für Strafrecht vorausgesetzt werden.

Vor allen Dingen bedürfen interne Untersuchungen sorgfältiger rechtlicher Beurteilung der einzelnen Ermittlungshandlungen, damit spezifische rechtliche Anforderungen (des Arbeitsrechts, des Strafrechts, des Datenschutzrechts) erfüllt werden. Hierzu haben sich in den letzten Jahren Standards gebildet, die beachtet werden müssen. Werden Sie nicht beachtet, können Internal Investigations verlorene Mühe und sogar selbst ein Risiko darstellen.

Nichterfüllung von Standards bedeutet das Risiko der Unverwertbarkeit

Wenn die rechtlichen Anforderungen an interne Untersuchungen nicht beachtet werden, ist ein solches Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Was nutzt ein Ermittlungsergebnis (im geöffneten Spind des Mitarbeiters liegt Diebesgut), wenn die Arbeitsgerichte eine datenschutzrechtlich unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahme feststellen und zu einem Verwertungsverbot gelangen? Was nützen vermeintlich geständige Angaben eines Mitarbeiters, der nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden ist und sodann geltend macht, seine Bekundungen seien unverwertbar? Was nützen die schönsten Ermittlungsergebnisse, wenn sodann der zuständige Datenschutzbeauftragte im Rahmen eines Bußgeldverfahrens den Vorwurf erhebt, es seien unerlaubt personenbezogene Daten verarbeitet worden?

Interne Untersuchungen im Verbandssanktionenrecht

Wenn durch eine interne Untersuchung, die mit den Ermittlungsbehörden abgestimmt ist und die hier beschriebenen rechtlichen Standards wahrt, ein messbarer Aufklärungserfolg (aus der Sicht der Ermittlungsbehörde) erzielt wird, so führt das zu einer Minderung einer zu verhängenden Verbandssanktion.

Erfahrungen und Expertise

FS-PP Berlin verfügen über das Fachwissen und die praktische Erfahrung aus konkreten Mandaten, unternehmensinterne Ermittlungen zu planen, zu steuern und selbst durchzuführen. Die Partnerschaft verfügt über das Expertenwissen und auch die personellen Kapazitäten, um schnell und effektiv tätig werden zu können. Denn Eile ist geboten, wenn ein Verdachtsfall entstanden ist.

Stichworte in diesem Sachzusammenhang sind: Projektplanung, Erstellen eines Datenschutzkonzepts, Interviews unter Beachtung der von der Bundesrechtsanwaltskammer gestellten Anforderungen, standardisierte Interviewprotokolle mit umfangreichen Belehrungen, die sowohl die arbeitsrechtliche wie auch die strafrechtliche Verwertbarkeit sicherstellen, laufende Dokumentation aller Untersuchungsschritte, angemessenes Berichtswesen nach dem Bedarf des Auftraggebers, höchster Schutz der Daten des Auftraggebers und höchste Diskretion bei allen Schritten.

FS-PP Berlin wird von Praktikern für Compliance-Untersuchungen empfohlen (Juve 2021/2022).

 

 

Ansprechpartner

Dr. Rainer Frank

Dr. David Albrecht