Strafrechtliche Risiken durch Beantragung von Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise
Die Coronavirus-Pandemie stellt Unternehmen und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen. Viele Unternehmen können Kündigungen ihrer Arbeitnehmer nur vermeiden, indem sie für diese Kurzarbeitergeld beantragen und somit staatliche Leistungen in Anspruch nehmen.
Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert und im Eilverfahren einen erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Das „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ ist am 14. März 2020 in Kraft getreten und soll den Zugang der Unternehmen zum Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1. März 2020 erleichtern.
Erleichterter Zugang zum Kurzarbeitergeld
Die §§ 95 ff. SGB III normieren die gesetzlichen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen der Staat über die Bundesagentur für Arbeit den durch die Reduzierung der Arbeitszeit entstehenden Verdienstausfall des Arbeitnehmers ausgleicht.
Die Erleichterungen im Überblick:
- Nunmehr ist es ausreichend, wenn 10% der Arbeitnehmer vom Arbeitsausfall betroffen sind; vormals lag diese Schwelle bei 30%;
- die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge werden vollständig erstattet; vormals erfolgte dies anteilig;
- auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden („Minusstunden“) soll vollständig verzichtet werden können; vormals musste dieses Instrument genutzt werden, wenn Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen bestanden;
- auch Leiharbeiter können künftig Kurzarbeitergeld beziehen.
Strafrechtliche Risiken
Der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld und die sich aus der Krise ergebenden Nöte bei Unternehmen haben bereits jetzt zu einer hohen Nachfrage nach entsprechenden Hilfen geführt.
Die wirtschaftliche Dringlichkeit eines solchen Antrags darf jedoch nicht dazu führen, dass unzureichende oder falsche Angaben gegenüber den Agenturen für Arbeit zum tatsächlichen Umfang des Arbeitsausfalls gemacht werden. Hier lauern strafrechtliche Risiken, die derzeit leicht verdrängt werden.
Folgende strafrechtliche Risiken ergeben sich für den Arbeitgeber:
- Wahrheitswidrige Behauptungen zu „erheblichen Arbeitsausfällen“ können einen Betrug nach § 263 darstellen;
- nach überwiegender Auffassung handelt es sich beim Kurzarbeitergeld um eine Subvention, daher können Falsche Angaben im Antragsverfahren auch einen Subventionsbetrug nach § 264 darstellen, der anders als der klassische Betrug geringere Anforderungen hat und auch leichtfertig begangen werden kann;
- auch gegen das Unternehmen selbst kann gemäß § 30 OWiG eine Geldbuße verhängt werden und
- auch eine Einziehung gem. §§ 73, 73c StGB des rechtswidrig erhaltenen Kurzarbeitergelds kommt in Betracht.
Für den Arbeitnehmer besteht das Risiko, dass in seiner Beantragung des Kurzarbeitergeldes – denn nur dieser ist hierzu berechtigt, nachdem sein Arbeitgeber den Arbeitsausfall angezeigt hat - als Beihilfe zur jeweiligen Tat gem. § 263 StGB i.V.m. 27 StGB bzw. § 264 StGB i.V.m. § 27 StGB gewertet wird.
Der Antragsteller darf auch nicht darauf hoffen, dass eine genaue Prüfung der Anträge unterbleiben wird. In der derzeitigen Lage mögen die Agenturen für Arbeit nicht die Kapazitäten haben, jeden Antrags bis ins Detail zu prüfen. Aber bereits nach der Finanzkrise 2008 wurden Sonderprüfungsgruppen eingesetzt, die nach der Krise die Detailprüfung der Anträge übernommen haben.