Der Begriff Bilanzstrafrecht ist unscharf und bezeichnet als Oberbegriff verschiedene strafbare Verstöße gegen kaufmännische Dokumentationspflichten, insbesondere die Pflicht zur ordnungsgemäßen Führung von Handelsbüchern (§ 238 HGB) und die Pflicht, Handelsbilanzen rechtzeitig und wahrheitsgemäß aufzustellen (§ 242 HGB). Die wichtigsten Strafvorschriften finden sich im Strafgesetzbuch (§ 283 StGB, § 283 b StGB) und im Handelsgesetzbuch (§ 331 HGB)

Gläubigerschutz und der Zwang, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken

Die kaufmännischen Aufzeichnungs- und Berichtspflichten dienen vor allem zwei Zwecken. Einmal sollen Gläubiger in der Insolvenz des Unternehmens vor einer Verschleierung der Vermögensverhältnisse und der Verheimlichung von Verteilungsmasse geschützt werden. Zum anderen soll der Kaufmann gezwungen werden, sich die wahren Vermögensverhältnisse seines Unternehmens vor Augen zu führen.

Informationsrechte und Veröffentlichungspflicht

Hinzugekommen sind besondere Dokumentationspflichten für börsennotierte Unternehmen, die internationalen Standards folgen und dem Schutz des Kapitalmarktes zu dienen bestimmt sind. Auf nationaler Ebene ist die Pflicht zu nennen, Handelsbilanzen im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen (§ 325 HGB; bei Verletzung Ordnungsgeld gemäß § 335 HGB).

Die Täter: Kaufleute, gesetzliche Vertreter und Abschlussprüfer

Täter eines Bilanzdeliktes kann sein, wer berichtspflichtig ist. Aber auch Abschlussprüfer und ihre Gehilfen können sich wegen Verletzung der Berichtspflicht gemäß § 332 HGB strafbar machen, wenn sie über das Ergebnis einer Abschlussprüfung falsch berichten.

Handelsbilanz und steuerlicher Jahresabschluss

Das erlebt der Fachanwalt für Strafrecht auf dem Gebiet des Bilanzstrafrechts leider regelmäßig: Auf die Frage, ob die Handelsbilanz rechtzeitig erstellt worden sei, antwortet der Mandant: Nein, sie wurde noch nicht erstellt, aber der Steuerberater habe beim Finanzamt eine Fristverlängerung erwirkt. Der Mandant weiß nicht, dass steuerlicher Jahresabschluss und Handelsbilanz zwei Dinge sind, die unterschiedlichen Regeln folgen. Die Frist für die Erstellung der Handelsbilanz ist eine strafbewehrte gesetzliche Frist, die nicht zur Disposition der Behörden steht.

Steuerberatung und strafrechtliche Beratung

Steuerliche Beratung und die Beratung mit Blick auf die strafrechtlichen Risiken, die mit der Verletzung kaufmännischer Aufzeichnungs- und Berichtspflichten verbunden sind, sollten getrennt erfolgen. So mag es durchaus steuerliche Gründe für ein Aufschieben des steuerlichen Jahresabschlusses geben. Dennoch muss die Handelsbilanz rechtzeitig aufgestellt werden. Trennung der Aufgaben schafft Klarheit im Interesse des Mandanten.

Strafrechtliche Präventivberatung in der Unternehmenskrise

Oft genug gilt: Wäre der Mandant früher zu einem strafrechtlichen Beratungsgespräch gekommen, hätte er sich eine spätere Bestrafung ersparen können. Das gilt insbesondere für die Buchführungsdelikte und Bilanzdelikte des StGB. Wer vorher weiß, dass in jedem Falle einer Insolvenz die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Vorprüfung vornehmen wird und den Prüfungsmaßstab kennt, kann sich einiges ersparen. Das gilt über das eigentliche Bilanzstrafrecht hinaus.

Fachwissen, Erfahrung und Zusammenarbeit mit steuerlichen Beratern

FS-PP Berlin sind in besonderem Maße im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts tätig und verfügen deshalb über strafrechtliches und handelsrechtliches Fachwissen sowie ein gehöriges Maß an Erfahrung in der Beratung und Verteidigung im Bereich der Bilanzdelikte wie auch im Insolvenzstrafrecht. Die Zusammenarbeit mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern gehört dazu. Denn der Fachanwalt für Strafrecht benötigt für seine Arbeit Informationen vom steuerlichen Berater. Mögen die steuerlichen Berater erkennen, wie wichtig eine Empfehlung in eine frühzeitige strafrechtliche Präventivberatung sein kann.

 

Ansprechpartner

Dr. Rainer Frank