Nicht jedes entgeltliche Angebot im Internet ist so gestaltet, dass die Entgeltlichkeit dem Nutzer ins Auge springt. Schwierig zu beurteilen sind die Fälle, in denen es durchaus Hinweise auf die Entgeltlichkeit gibt wie zu bestätigende AGB’s, Eingabemasken für persönliche Daten und Angaben von Preisen, die jedoch so platziert sind, dass sie nicht sofort gesehen werden. Das OLG Frankfurt hat in einem solchen Fall einen Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt kassiert und die Eröffnung des Hauptverfahrens angeordnet. Die Kernaussage lautet: Eine Täuschung kann auch konkludent erfolgen. Eine konkludente Täuschung kann aufgrund des prägenden Gesamteindrucks und des Gesamterklärungswerts der Website anzunehmen sein.

Der Ausgangspunkt: Die Täuschungshandlung

Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen stellt das OLG Frankfurt so dar: Täuschungshandlung im Sinne des Betrugstatbestands sei jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt sei, bei diesem eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Die Täuschung bestehe in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Täuschung sei jedes Verhalten, das objektiv irreführe oder einen Irrtum unterhalte und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirke.

Das Vorstellungsbild des durchschnittlichen Internetnutzers

Das OLG Frankfurt nimmt einen durchschnittlichen Internetnutzer zum Maßstab und meint, dieser könne „erwarten, dass ihm bereits bei Aufruf der Seite die zentrale Information der Kostenpflichtigkeit der Nutzung gleich zu Beginn der Nutzung an hervorgehobener Stelle mitgeteilt wird und er nicht erst nach dieser Information in Fußnoten oder über das Anklicken weiterer Seiteninhalte suchen muss. Vielmehr bedarf der Verbraucher eines deutlichen Hinweises auf die Entgeltlichkeit der unterbreiteten Angebote, zumal die situationsadäquate Aufmerksamkeit eines im Internet surfenden Durchschnittsverbrauchers eher gering ist.“

Mangelnde Deutlichkeit der Kostenpflichtigkeit = Täuschung über Unentgeltlichkeit

Das OLG Frankfurt zieht die Schlussfolgerung, ein nicht den gesetzlichen Anforderungen genügender, unzureichender Hinweis auf die Entgeltlichkeit einer Leistung sei ein konkludentes Miterklären der Unentgeltlichkeit: „Wer aber auf die Kostenpflicht nicht hinreichend deutlich hinweist bzw. sie nicht zum Gegenstand des offenen Erklärungswerts der Website macht, erklärt damit nach der Verkehrsanschauung konkludent, dass die Leistung kostenfrei erfolgt. Erfolgt kein deutlicher Hinweis auf die Zahlungspflicht nach § 1 Abs. 6 PAngV, darf der Kunde damit rechnen, es mit einem Gratisangebot zu tun zu haben.“

Erkennbarkeit bei Prüfung schützt nicht

In diesem Punkt kann das OLG Frankfurt sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen, wonach Leichtgläubigkeit oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Schutzbedürftigkeit des potentiellen Opfers und damit die Annahme einer tatbestandsmäßigen Täuschung nicht ausschließen. Hierzu heißt es dann weiter: „Zur tatbestandlichen Täuschung wird das Verhalten hierbei, wenn der Täter die Eignung der – isoliert betrachtet – inhaltlich richtigen Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt wird, wenn also die Irrtumserregung nicht nur die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist.“

Gesamtbewertung des Handlungszwecks

Das OLG Frankfurt nimmt eine abschließende Gesamtbewertung vor, die durchaus eine gewisse Beliebigkeit an sich hat: „Letztlich ist die beschriebene Gestaltung des Internetauftritts nur so zu erklären, dass die Angeschuldigten einzig in der Absicht handelten, den größten Teil der betroffenen Verbraucher über die Entgeltlichkeit ihres Angebots zu täuschen“.

 

Beschluss des OLG Frankfurt vom 17. Dezember 2010 – 1 Ws 29/09

Quelle: Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank Entscheidungen der hessischen Gerichte

Link zum Volltext 

NJW 2011, 398, mit Anmerkungen Hansen

 

Notiert von Frank 02/2011