Der BGH hat eine folgenreiche Entscheidung getroffen: Wo ein Handeln ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe gestellt wird, ist der formale Mangel der Erlaubnis maßgebend, materielle Genehmigungsfähigkeit und sogar Genehmigungspflicht nützen nicht. Dramatische Auswirkungen über die Vermögensabschöpfung sind zu erwarten.

Verwaltungsakzessorische Straftatbestände

Verwaltungsakzessorisch nennen wir Straftatbestände, bei denen ein Handeln ohne behördliche Erlaubnis oder Genehmigung unter Strafe gestellt wird. Beispiele sind das unerlaubte Veranstalten eines Glückspiels gemäß § 284 StGB und – praktisch von größter Bedeutung – das unerlaubte Betreiben von Anlagen gemäß § 327 StGB sowie die weiteren Umweltstrafvorschriften der Gewässerverunreinigung gemäß § 324 StGB, der Bodenverunreinigung nach § 324a StGB sowie der Luftverunreinigung gemäß § 325 StGB. In allen Fällen ist die Strafbarkeit davon abhängig, dass ohne Erlaubnis, ohne Genehmigung, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten oder unbefugt, was nichts anders bedeutet, gehandelt wird.

Verwaltungsrechtsakzessorietät – Abhängig vom Verwaltungsrecht – bedeutet, dass der verwaltungsrechtliche Bewilligungsakt über die Strafbarkeit entscheidet. Ob das rechtsdogmatisch zu einem Tatbestandsausschluss oder zur Rechtfertigung führt, ist an dieser Stelle nicht wichtig.

Bislang umstritten: Wirkung von Genehmigungsfähigkeit und Genehmigungspflicht

Bei Fehlen der behördlichen Erlaubnis oder Genehmigung stellt sich die Frage, ob es einen Unterschied macht, ob die fehlende behördliche Erlaubnis hätte erteilt werden können oder gar müssen. Denkbar ist auch der Fall einer rechtswidrigen Versagung der beantragten Genehmigung oder der Fall, dass diese zwar nicht beantragt wurde, jedoch im Falle eines Antrags hätte genehmigt werden müssen.

Bislang wurde teilweise die Auffassung vertreten, mindestens in dem Falle, dass die Genehmigung hätte erteilt werden müssen, also ein materieller Anspruch auf Erteilung der Genehmigung bestand, müsse Straflosigkeit eintreten, dogmatisch begründet über Tatbestandsausschluss oder Rechtfertigung.

BGH: Allein das Fehlen des formellen Genehmigungsaktes entscheidet.

Der 3. Strafsenat hat nun in einem Urteil vom 27.02.2020 (3 StR 327/19) zur Strafvorschrift der unerlaubten Veranstaltung eines Glückspiels gemäß § 284 StGB entschieden, dass allein das Fehlen des behördlichen Erlaubnisaktes unabhängig von weiteren Umständen zur Strafbarkeit führt:

„Das Fehlen einer behördlichen Erlaubnis erfüllt den Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB ungeachtet einer möglichen materiell-rechtlichen Genehmigungsfähigkeit. Das Vorliegen eines Sachverhalts, bei dem die Erlaubnis erteilt werden könnte oder gar müsste, begründet keinen Tatbestandsausschluss, da sonst Sinn und Zweck des Erlaubnisvorbehalts leerliefen.“

Der BGH sieht das Genehmigungsverfahren nicht als bloß formellen Akt an, sondern führt aus, es erfülle „eine eigenständige, auf das jeweilige gesetzliche Schutzgut bezogene gestaltende Funktion zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes“.

Deshalb soll nach der Entscheidung gelten: „Entsprechend knüpft die Strafbarkeit nicht an die materielle Richtigkeit der Versagung einer Genehmigung, sondern an das Fehlen der in einem behördlichen Verfahren zu erteilenden Erlaubnis als solche an. Ungeachtet der materiellen Verwaltungsrechtslage ist das Tatbestandsmerkmal „ohne Erlaubnis“ immer erfüllt, wenn der Handelnde über eine solche nicht verfügt, sei es, weil er diese nicht beantragt hat, sei es, dass sie ihm – möglicherweise rechtswidrig – nicht erteilt worden ist. Genehmigungsfähigkeit des Verhaltens spielt keine Rolle.“

Dramatische Auswirkungen der Entscheidung

Mit der Entscheidung über die Strafbarkeit fällt auch die Entscheidung für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vermögensabschöpfung (Einziehung und erweiterte Einziehung gemäß §§ 73 ff. StGB). Denn Strafverfahren dieser Art regelmäßig werden dann durchgeführt, wenn ein unternehmerisches Handeln ohne erforderliche behördliche Erlaubnis erfolgt. Überall dort, wo unternehmerisches Handeln einer behördlichen Erlaubnis bedarf, was im gesamten umwelt- und technikrechtlichen Bereich der Fall ist, muss strikt darauf geachtet werden, dass erforderliche Erlaubnisse und Genehmigungen vorliegen und sodann die Grenzen einer Genehmigung eingehalten werden. Anderenfalls drohen Strafbarkeit und Vermögensabschöpfung ohne Rücksicht darauf, dass geltend gemacht werden kann, die Behörde hätte das Verhalten doch erlauben müssen, weil die entsprechenden Voraussetzungen vorlagen.

Risikomanagement und Compliance

Das Controlling behördlicher Erlaubnisse und Genehmigungen ist ein hoch risikobehaftetes Feld und sollte bei der Risikoidentifikation in Unternehmen selbständig erfasst werden. Denn die Folgen können für die betroffenen Unternehmen weniger über unmittelbare Haftungsrisiken für Personen, wohl aber über die Vermögensabschöpfung sogar existenzgefährdend sein.

Quelle: BGH 3 StR 327/19, NJW 2020, 2282