Nach mehr als zweieinhalb Jahren Ermittlungen und monatelanger Untersuchungshaft hat die zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Berlin die Anklage gegen die Betreiber der ARTEMIS GmbH zurückgewiesen. Damit sind die Verantwortlichen des FKK-Clubs in Berlin-Halensee, die im April 2016 eine groß angelegte Razzia über sich ergehen lassen mussten, weiter entlastet.

Bereits das Kammergericht hatte im Juli 2016 einzelne schwerwiegenden Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Alle Anschuldigungen aus dem Bereich der Millieukriminalität waren damit bereits seit längerer Zeit vom Tisch.

Das Verfahren war inhaltlich seitdem ein reines Wirtschaftsstrafverfahren. Den Inhabern und weiteren Mitarbeitern des ARTEMIS wurden das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB) und die Hinterziehung von Lohn- und Einkommensteuer in zweistelliger Millionenhöhe vorgeworfen.

Das Landgericht hat nun entschieden: „Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird bezüglich aller Angeschuldigten abgelehnt.“ Es bestehe, so das Landgericht weiter, „insgesamt unter allen denkbaren Aspekten kein hinreichender Tatverdacht gegen die fünf Angeschuldigten.“

Die auf mehr als 170 Seiten ausführlich begründete Entscheidung des Landgerichts ist auf zwei Pfeiler gestützt:

Die im ARTEMIS tätigen Prostituierten sind selbständige Unternehmerinnen und gerade nicht abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen. Dementsprechend sind die Inhaber des ARTEMIS auch nicht Arbeitgeber im Sinne des § 266a StGB. Im ARTEMIS herrsche nach den Feststellungen des Landgerichts Vertragsfreiheit auch und gerade im Verhältnis zwischen Freier und Sexdienstleisterin. Weisungen, die sie zu einer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne abhängig Beschäftigten machen würden, gebe es für die dort tätigen Frauen nicht.

Darüber hinaus hat das Landgericht seine Entscheidung damit begründet, die Verantwortlichen hätten stets offen und kooperativ mit allen zuständigen Behörden – der Steuerfahndung, den Finanzbehörden, der AG Rotlicht, der Polizei und dem Hauptzollamt – zusammengearbeitet. Aus dieser Zusammenarbeit durften sie den Schluss ziehen, dass ihre Tätigkeit steuer- und sozialversicherungsrechtlich einwandfrei war.

Die Entscheidung des Landgerichts ist damit in vielerlei Hinsicht bedeutsam.

Sie ist ein weiterer Beitrag dazu, die Rolle von Prosituierten in Betrieben und in der Gesellschaft insgesamt weiter zu bestimmen.

Außerdem zeigt die Entscheidung die Vorteile auf, die eine strikte Beachtung rechtlicher Vorgaben in einem Bordellbetrieb und eine begleitende Zusammenarbeit mit allen zuständigen Behörden haben.

Auch und gerade in Zeiten des bereits vor einiger Zeit in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), das gerade den Betreibern von Bordellbetrieben zahlreiche zum Teil komplexe Verpflichtungen auferlegt, gilt also, dass Bordel-Compliance einen rechtmäßigen Betrieb schützt und Strafverfolgung entgegenwirkt.