Für die Identitätsüberprüfung nach dem Geldwäschegesetz kann keine notariell beglaubigte Kopie des Personalausweises mehr vorgelegt werden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Alle GwG-Verpflichteten sollten ihren Prozess zur Identitätsüberprüfung jetzt überdenken.

Mit seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) einer Bank Recht gegeben, die sich weigerte, ein Guthaben in Höhe von rund 1.100 Euro auf dem Girokonto eines Verstorbenen an den Nachlasspfleger einer unbekannten Erbengemeinschaft auszuzahlen.

Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz dürfen keine Geschäftsbeziehung begründen oder fortsetzen, wenn sie dabei ihre allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen können (§ 10 Abs. 9 Geldwäschegesetz, GwG). Dazu gehört es primär, die Identität von Personen zu überprüfen, die an diesen Geschäften beteiligt sind (Vertragspartner, auftretende Personen etc., §§ 12, 13 GwG).

Die notariell beglaubigte Kopie seines Personalausweises, die der als Nachlasspfleger eingesetzte Rechtsanwalt der Bank zusammen mit seiner Bestallungsurkunde vorgelegt hatte, reicht für diese Überprüfung nicht aus, bestätigte der BGH (v. 20.04.2021, Az. XI ZR 511/19). Er müsse den Ausweis gegenüber der Bank im Original vorlegen; bis es so weit ist, geht der Senat von einem Leistungshindernis auf Seiten der Bank aus, diese muss keine Auszahlung vornehmen.

Kein sonstiges Verfahren, keine vereinfachten Sorgfaltspflichten

Der XI. Zivilsenat begründet sein Urteil mit dem Wortlaut von § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG, nach der Vorschrift ist das „vor Ort vorgelegte Dokument“ zu prüfen. Außerdem sei die Möglichkeit, die Identität nicht persönlich anwesender Vertragspartner per beglaubigter Kopie eines Personalausweises zu überprüfen, im Jahr 2017 ausdrücklich aus dem GwG gestrichen worden.

Der BGH weist dabei darauf hin, dass die Identitätsprüfung durch GwG-Verpflichtete nicht nur die Überprüfung der Angaben im Ausweisdokument meine, sondern die Identität der betreffenden Person anhand des Ausweises gecheckt werden müsse, also durch „Inaugenscheinnahme und gegebenenfalls haptische Prüfung“.

Zwar sei der Gesetzgeber, so der BGH, davon ausgegangen, dass mit zunehmender Digitalisierung auch andere geeignete Verfahren eine solche Prüfung erlaubten. Die Übersendung einer notariell beglaubigten Ausweiskopie sei aber kein solches Verfahren im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG, sie erreiche nicht das Schutzniveau eines Videoidentifizierungs- oder Post-Ident-Verfahrens.

Personen unbekannt, Betrag über 1.000 Euro, Online-Ausweisfunktion möglich

Der BGH bleibt insgesamt hart, obwohl der Nachlasspfleger alle Register zog. Die zeitgleiche Vorlage seiner Bestallungsurkunde half dem Anwalt nicht weiter, an der GwG-Pflicht zur Überprüfung der Identität des Betreuers änderten auch spezifische Nachlasspflege-Regelungen nichts.

Vereinfachte Sorgfaltspflichten nach § 14 Abs. 1 GwG kämen ihm ebenfalls nicht zugute: Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Geschäftsbeziehung mit einem geringeren Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verbunden sei, so der Senat. Vielmehr waren die vom Nachlasspfleger vertretenen Erben sämtlich unbekannt und das gesamte Geschäft sollte ohne persönlichen Kontakt stattfinden. Auch der Betrag, um den es ging, war zwar niedrig, lag mit 1.100 Euro aber über der 1.000-Euro-Grenze, die das GwG als Relevanzschwelle markiert.

Schließlich liege auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben vor. Es sei dem Anwalt durchaus zuzumuten, in einer der vielen Bankfilialen seinen Personalausweis im Original vorzulegen, meint der BGH. Als berufsmäßiger Nachlasspfleger könnte er zudem eines der vorgesehenen alternativen Verfahren nutzen, z.B. die Online-Ausweisfunktion nach § 18 Personalausweisgesetz.

Prozess zur Identitätsprüfung jetzt überprüfen

Im Ergebnis gibt es damit heute sogar eine Möglichkeit weniger als noch vor fünf Jahren, sich zu identifizieren, wenn man nicht persönlich vor Ort sein kann. Gleichzeitig ist es im Jahr 2022 kaum mehr möglich, Geschäftsbeziehungen nur persönlich und offline zu knüpfen.

Aber während vor allem der Finanzsektor mittlerweile daran gewöhnt ist, seinen Pflichten nach dem GwG nachzukommen und in aller Regel eine Identifikation per Video anbietet, kommt das Bewusstsein für die eigenen Pflichten, die strengen Anforderungen und die empfindlichen Sanktionen des Geldwäscherechts in anderen Branchen erst langsam an. Das gilt auch für die meisten Aufsichtsbehörden des Nichtfinanzsektors, die leider in ihren Anwendungs- und Auslegungshinweisen (AuAs) ausdrücklich das Videoidentifizierungsverfahren nicht zulassen und pauschal auf das Post-Ident-Verfahren oder andere Auslagerungsmöglichkeiten nach § 17 GwG verweisen.

Dabei macht spätestens dieses Urteil deutlich, dass jeder Verpflichtete nach dem GwG sich nun Gedanken darüber machen sollte, wie er den Prozess zur Identitätsüberprüfung bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen künftig ausgestalten will. Schließlich sollte der gleichzeitig GwG-konform  und wirtschaftlich praktikabel sein; und im besten Fall auch noch so anwenderfreundlich wie möglich.