Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund muss gem. § 626 Abs.2 BGB innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg legt mit Urteil vom 3. November 2021 strenge Maßstäbe an die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist im Rahmen von internen Untersuchungen an.

Im Zuge der Entscheidung ist Unternehmen zu raten, ihr Compliance-Management-System den Vorgaben des LAG anzupassen. Mit der Implementierung entsprechender Organisationsstrukturen kann sichergestellt werden, dass eine fristlose Kündigung vor Gericht bestand hat.

Kein Abwarten der Untersuchungsergebnisse bezüglich aller Verdächtigten

Laut dem LAG beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs.2 BGB auch im Falle von umfassenden Compliance-Untersuchungen gegen eine Mehrzahl von Beschäftigten für jedes Arbeitsverhältnis individuell zu laufen. Die Kündigung muss daher gegenüber den einzelnen Beschäftigten sukzessive ausgesprochen werden, sobald in einem bestimmten Fall Kenntnisse vorliegen, die auf einen wichtigen Kündigungsgrund hindeuten. Die sukzessive Kündigung kann organisiert werden, indem eine Vielzahl von Verdächtigten entsprechend ihrer Position oder ihres Tatbeitrages in kleinere Gruppen unterteilt wird. 

Kein Abwarten der Erhebung detailreicher Ermittlungsergebnisse

Die Arbeitgeber*innen dürfen zudem nicht abwarten bis sämtliche Details des Einzelfalles ausermittelt sind, sondern müssen im Zweifel hilfsweise eine Verdachtskündigung aussprechen. Darüber hinaus wird die Frist nicht bis zum Abschluss eines parallel durchgeführten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gehemmt, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr eines Beweisverlustes vorliegen.

Regelmäßigen Berichterstattung durch die Compliance-Organe

Das Unternehmen muss klare Regeln zur Berichtserstattung im CMS implementieren, die sicherstellen, dass die Kündigungsberechtigten zeitnah von dem Vorliegen der Kündigungsgründe erfahren. Lässt die Geschäftsführung sich nicht regelmäßig über den Stand der Ermittlungen informieren, liegt ein Organisationsverschulden vor, dass eine Wissenszurechnung auslöst. In diesem Fall läuft die Kündigungserklärungsfrist bereits an, wenn ein Compliance-Organ hinreichende Kenntnis von den Kündigungsgründen erlangt.

Haftungsminderung durch Implementierung eines CMS

Das LAG stellt weiterhin fest, dass die Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist gerade durch ein funktionstüchtiges Compliance-Management-System abgesichert werden kann. Dabei müssen externe Compliance-Stellen ebenfalls verpflichtet werden, die festgesetzten Organisationsstrukturen zu wahren.