Know-how-Schutz-Richtlinie
EU beschließt einheitlichen Rechtsschutz für Geschäftsgeheimnisse
Am 14. April 2016 hat die EU die „Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-Hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“ beschlossen (2013/0402 (COD); RL).
Ziel und Inhalt der Richtlinie
Ziel der Richtlinie ist eine effektivere Abschreckung vor Industriespionage und Geheimnisverrat.
Die Richtlinie wird nach Umsetzung (die Umsetzungsfrist beträgt 2 Jahre) deutsche Unternehmen besser schützen, soweit diese ausreichende Schutzmaßnahmen ergriffen haben, um von der Richtlinie erfasst zu werden. Bisher genügte in Deutschland nach BGH der subjektive Geheimhaltungswille, der sich in objektiven Umständen manifestiert (BGH, Urteil v. 10.05.95, 1 StR 764/94).
Ein Geschäftsgeheimnis im Sinne der neuen Richtlinie liegt demgegenüber nur dann vor, wenn die Informationen, erstens, geheim sind, zweitens, deshalb einen kommerziellen Wert aufweisen und drittens, Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen des Geheimnisträgers sind (Art. 2 der Richtlinie).
Unternehmen sind also aufgefordert, innerhalb der nächsten zwei Jahre hinreichende und nachweisbare Maßnahmen zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse zu ergreifen.
Berufserfahrung ist nach der Richtlinie kein Geschäftsgeheimnis; es gibt keine Exklusivrechte, d. h. mehrere Unternehmen können das gleiche Geheimnis haben und Erfindungen können mehrfach erfunden werden. Auch das „Reverse Engeneering“ (Rückentwicklung von Produkten zur Informationsgewinnung, in Deutschland bisher unzulässig und ggf. strafbar (§ 17 UWG)) wird ausdrücklich erlaubt.
Rechtmäßiger und unrechtmäßiger Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses
Nach Art. 3 der Richtlinie ist ein rechtmäßiger Erwerb etwa durch unabhängige Entdeckung oder Schöpfung möglich sowie durch Beobachtung, Untersuchung oder Rückbau, sofern die Vorgehensweise mit einer seriösen Geschäftspraxis vereinbar ist.
Unzulässig ist nach Art. 4 der Richtlinie dagegen jedes Verhalten, das mit seriöser Geschäftspraxis nicht vereinbar ist (etwa unbefugter Zugang, unbefugte Aneignung, unbefugtes Kopieren von Dokumenten).
Art. 10 und 11 der Richtlinie ermöglichen vorläufige Maßnahmen, wie ein vorläufiges Verbot der Nutzung eines unbefugt erlangten Geschäftsgeheimnisses etc.
Keine Einschränkung der Zulässigkeit von Whistleblowing
Bereits im Vorfeld der Beschlussfassung stand die Richtlinie in der Kritik und wurde verdächtigt, die Pressefreiheit und die Zulässigkeit von Whistleblowing einzuschränken.
Art. 5 der Richtlinie regelt allerdings die ausnahmsweise Zulässigkeit der Offenlegung zugunsten der Presse, der freien Meinungsäußerung, des öffentlichen Interesses oder der Gewerkschaftsarbeit.
Nach den Erwägungsgründen 19 und 20 der Richtlinie möchte diese auch das Whistleblowing nicht verbieten. Vielmehr soll eine Nutzung/Offenlegung eines Geheimnisses hier nach Art. 5 gerechtfertigt sein. In den Erwägungsgründen heißt es:
„Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe sollten nicht dazu dienen, Whistleblowing-Aktivitäten einzuschränken. Daher sollte sich der Schutz von Geschäfts-geheimnissen nicht auf Fälle erstrecken, in denen die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses insoweit dem öffentlichen Interesse dient, als ein regelwidriges Verhalten, ein Fehlverhalten oder eine illegale Tätigkeit von unmittelbarer Relevanz aufgedeckt wird.“
notiert von v. Holtzendorff
05/2017