Das OLG Köln hat in einem Beschluss vom 29. Januar 2010 (III - 1 RBs 24/10) erläutert, welche Anforderungen an die Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen bestehen und wann eine ordnungswidrige Verletzung der Aufsichtspflicht vorliegt.

Die Verletzung der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG

Nach § 130 Abs. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens oder als eine Person, der Leitungsaufgaben übertragen wurden, „vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Straf- oder Geldbuße bedroht ist, (…) wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.“

Die Entscheidung des OLG Köln

In dem vom OLG Köln entschiedenen Fall ging es um eine als Familienunternehmen geführte Trinkhalle. Die Inhaberin hatte mehrfach die Weisung erteilt, keinen Alkohol an Jugendliche auszuschenken. Dennoch kam es zu Verstößen gegen § 28 Abs. 1 Nr. 10 JuSchG (unerlaubte Abgabe von Alkohol an Jugendliche). Die Inhaberin wurde wegen Verletzung der Aufsichtspflicht gem. § 130 OWiG zu einer Geldbuße verurteilt.

Das OLG Köln führt in der Entscheidung aus, nach § 130 Abs. 1 OWiG liege eine ordnungswidrige Verletzung der Aufsichtspflicht vor, wenn durch die gehörige Aufsicht die Zuwiderhandlung wesentlich erschwert worden wäre. Diese „Kausalitätsformel“ beruhe auf dem der Risikoerhöhungslehre entsprechenden Grundgedanken, dass der Verantwortliche verpflichtet sei, „die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Risikoverringerung auch zu nutzen. Er darf daher nichts unversucht lassen, um erkannten oder erkennbaren Zuwiderhandlungsgefahren entgegenzuwirken.“ Bleibe er gegenüber derartigen Gefahren untätig und erfolge sodann eine konkrete Zuwiderhandlung, so erweise sich diese als „Realisierung des nicht bekämpften Gefahrkomplexes“.

Bloße Weisungen an die Mitarbeiter wurden nicht als ausreichend angesehen, die Aufsichtspflicht zu erfüllen.

Das OLG Köln weist allerdings darauf hin, es müsse feststehen, dass die Anwendung der gehörigen Sorgfalt jedenfalls zu einer Risikominderung geführt hätte (OLG Köln mit Hinweis auf Rogall, Karlsruher Kommentar, Rn. 97 ff. zu § 130 OWiG). Dass die Begehung der Tat verhindert worden wäre, ist nicht erforderlich.

Bemerkungen

Die Entscheidung zeigt, dass Unternehmensleiter und solche Führungskräfte, auf die Leitungsverantwortung delegiert wurde, nicht darauf vertrauen und sich darauf verlassen dürfen, Mitarbeiter würden keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen. Ein solcher Vertrauensgrundsatz existiert nicht. Auch die Weisung, keine Straftaten zu begehen, genügt nicht. Vielmehr erstreckt sich die betriebliche Aufsichtspflicht auch darauf, nach den Umständen naheliegende und zumutbare Kontrollen vorzunehmen, um „einschlägige Zuwiderhandlungen“ (so die Formulierung des OLG Köln) aufzudecken.

OLG Köln Beschluss vom 29. Januar 2010 (III – 1 RBs 24/10)
Quelle: www.justiz.nrw.de
Notiert von Frank 12/2010