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Abrechnungsbetrug um Freihaltepauschalen
Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren gegen Krankenhausverantwortliche
Krankenhäuser, die während der Corona-Pandemie Betten freihielten, konnten dafür u. U. Ausgleichszahlungen beantragen. Was gedacht war, um angesichts sonst geringer Behandlungskapazitäten Anreize dafür zu schaffen, freie Betten für mit Corona infizierte Patienten vorzuhalten (und sie nicht anderweitig etwa für Elektiveingriffe zu belegen), soll für manche Kliniken zu einer Quelle für zusätzliche Gewinne geworden sein. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren hierzu werden bereits geführt – und das Ganze könnte sich zu einer neuen Welle von Abrechnungsbetrugsverfahren entwickeln.
Strafverfahren nach erfolgloser Corona-Behandlung
Bundesweit Todesermittlungsverfahren und Strafverfahren gegen Ärztinnen und Ärzte
Ein Behandlungsabbruch ist für Angehörige oft eine schwere Entscheidung. Gehen die Meinungen darüber, ob die Behandlung fortzusetzen ist, zwischen Ärzten und Angehörigen auseinander, wird daraus eine juristische Entscheidung. Zuweilen rückt dabei auch das Strafrecht auf den Plan. Das Gleiche gilt, wenn ein Patient stirbt und Angehörige der Meinung sind, es wurde nicht alles getan, um den Patienten zu retten. Nicht immer werden dann nur Todesermittlungsverfahren gegen Unbekannt geführt. Mitunter richtet sich das Strafverfahren auch gegen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte direkt.
BSG bejaht Sozialversicherungspflicht von Honorar-Notärzten
Verteidigungsmöglichkeiten frühzeitig erkennen und nutzen
Arzt, angeklagt – was nun?
Anklagen gegen Ärzte und Ärztinnen als Beginn der Verteidigung
Wer als Ärztin oder Arzt eine Anklage oder einen Strafbefehl erhält, wähnt sich oft am Ende – oder am Anfang eines langen Verfahrens. Geht die Verteidigung dann aber erst los, weil erstmals ein Strafverteidiger involviert wird, kann damit tatsächlich der Anfang vom Ende, des Verfahrensendes nämlich, eingeläutet werden. Denn auch das Zwischenverfahren, der Teil zwischen Anklageerhebung oder Erlass eines Strafbefehls auf der einen und Hauptverhandlung auf der anderen Seite, kann erfolgreich genutzt werden – und eine Hauptverhandlung vermieden.
Betrugsverdacht bei Corona-Testzentren
Durchsuchungen und Ermittlungsverfahren gegen Betreiber von Testcentern
Betreiber von Corona-Testzentren hatten zuletzt Besuch vom LKA, dem Landeskriminalamt: wegen vermeintlich falscher Abrechnungen von SARS-CoV-2-Tests und -Testkits. Der Vorwurf des versuchten Betruges oder des vollendeten Betruges nach § 263 StGB wurde dabei unterschiedlich begründet, doch immer waren Implausibilitäten in Abrechnungs- oder Meldezahlen die Ursache der Durchsuchung. Wer Pech hatte, bedarf der Verteidigung. Wer Glück hatte, sollte diese konzertierte Durchsuchungsaktion als Anlass nehmen, das eigene Melde- und Abrechnungswesen auf den Prüfstand zu stellen.
Legal Highs – illegales Zeug?
Zur Rechtslage bei als Badesalz & Co. deklarierten Highmachern
Was „Legal High“ heißt, hat zwei Zwecke: high machen, und den Anschein des Legalen erwecken. Nur weil „legal“ draufsteht, steckt aber noch lange nicht Legales drin. Kräutermischungen, Badesalze, Räuchermischungen, Reiniger & Co., auch bekannt als Herbal Highs, sind abseits der Gesundheitsgefahren auch (straf-)rechtlich riskant, denn sie können Ermittlungsverfahren nach sich ziehen und zu Geld- und Freiheitsstrafen führen.
Patientenaufklärung über Gesundheitsprobleme des Arztes
Urteil des Landgerichts Kempten: Ergebnis und Begründung indiskutabel
Das LG Kempten hat in einem Urteil vom 8. Oktober 2020 (3 Ns 111 Js 10508/14) entschieden, dass ein Arzt zur Aufklärung über solche in seiner Person liegenden Risiken verpflichtet sei, die Einfluss auf die sachgerechte Durchführung der ärztlichen Heilbehandlung haben können. Unterlässt er eine solche Aufklärung, mache er sich auch dann strafbar wegen Körperverletzung, wenn er die Behandlung sachgerecht ausführt. Dieses Ergebnis, das bisher noch kein höchstrichterliches Vorbild hat, ist in dieser Pauschalität falsch. Und: Das Gericht behauptet, statt zu begründen; es unterstellt, anstatt zu erklären. Entlastende Erwägungen, auf die man hätte kommen können, sind – um des Ergebnisses willen, wenngleich vielleicht psychologisch erklärlich – nicht angestellt worden. Die Kritik, die an dem Urteil entbrennen muss, ist nicht motiviert dadurch, dass da ein Arzt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist – sie begründet sich aus der Enttäuschung über die Qualität der Entscheidung.
Der BGH zum Berliner Zwillingsfall
Verurteilung bestätigt, Begründung verfehlt
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 11. November 2020 (5 StR 256/20) das sog. Gemini-Urteil des Landgerichts Berlin dem Grunde nach bestätigt. Danach hätten sich die beteiligten Geburtsmediziner wegen Totschlags in einem minder schweren Fall strafbar gemacht, indem sie im Rahmen einer Zwillingsschwangerschaft das gesunde der beiden Kinder mittels Kaiserschnitt entbanden und im unmittelbaren Anschluss daran den schwer geschädigten Zwilling töteten. Es habe sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr um eine Schwangerschaft gehandelt, bei der ein Abbruch nach § 218a Abs. 2 StGB möglich gewesen sei, sondern das Kind sei ein Mensch im Sinne der §§ 211 ff. StGB gewesen. Während der BGH den Schuldspruch damit aufrechterhielt, beanstandete er lediglich die Strafzumessung. Zu dieser Entscheidung, einen Totschlag dem Grunde nach anzunehmen, kann man kommen – wenn man es ordentlich begründet. Das haben weder das LG Berlin noch der BGH vermocht. Insbesondere der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig zeigt – nach den Urteilen zum Göttinger Organallokationsskandal (5 StR 20/16) und zur Strafbarkeit bei ärztlich assistierten Selbsttötungen (5 StR 132/18) – einmal mehr, dass gerade juristisch tragfähige Begründungen in medizinstrafrechtlichen Fällen so einfach nicht sind. Auch in dieser Entscheidung hier „menschelt“ es in Leipzig.
Corona und Arztstrafrecht
Zwischen Schweige- und Meldepflicht, Triage und Organisationsverschulden
Neue Fragen kommen auf Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu. Wie verhalten sich die psychotherapeutische Schweigepflicht und die Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), wenn ein Patient Symptome auf Corona zeigt? Darf sich ein Arzt Masken und Schutzkleidung von einem Vertragspartner schenken lassen? Wie ist zu entscheiden, wenn Beatmungsgeräte nicht reichen? Was gilt strafrechtlich für Ärztinnen, die schon im Ruhestand waren und nun zurück in die Praxis gehen? Welche organisatorischen Maßnahmen müssen Kliniken ergreifen mit Blick auf meldepflichtige Sachverhalte? Auf solche Fragen gibt es alte Antworten und neue, pauschale und solche für den Einzelfall. Ganz leicht ist keine von ihnen.
Corona – Bußgelder und Strafen
Sanktionen nach Infektionsschutzgesetz und Co.
Die derzeitige Pandemie verlangt uns als Gesellschaft Einiges ab. Es gibt Kontaktverbote, Grundrechte werden eingeschränkt, Regeln aufgestellt und durchgesetzt. Das Infektionsschutzgesetz hält Bußgeld- und Straftatbestände bereit, mit denen gegen vermeintliche Regelbrecher vorgegangen werden kann. Die Bundesländer erlassen nach und nach eigene Bußgeldkataloge, um die Kontaktverbote durchzusetzen. Argwöhnisch beäugen Nachbarn, wer wann mit wem warum vor die Tür geht. Bei all den Regeln kann der Überblick verlorengehen, können Nachbarn und Behörden Maß und Mitte verlieren. Regeln einzuhalten ist wichtig – gegen unverhältnismäßige und falsche Bußgeldbescheide und Strafvorwürfe kann und sollte man sich aber wehren.